Anders kombiniert!

DER GENUSS-BLOG

 

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der ersten Gewürz-Sommelière in der Schweiz!

Blog 037

anders kombiniert:

Peperoni + Rose

Die Pfefferschote des Balkans trifft auf betörende Blütenessenz

 

 

Peperoni

Wenn ich mir die leuchtend rote Peperoni anschaue, wie sie so einzigartig geformt in meiner Hand liegt, scheint es mir als ungenügend, sie aus­schliesslich als Dip-Gemüse zu behandeln, das in schmale Tranchen geschnitten, kopfüber in eine Ajoli getaucht wird. Es würde dem roten, grünen, gelben und orangefarbenem Gemüse nicht gerecht – denn schliesslich möchte jeder von seiner besten Seite wahrgenommen werden.

Das Gemüse, das zur botanischen Familie Capsicum gehört, besticht durch seinen knackigen Charakter und seine leichte Säure, die von hohem Vitamin-C-Gehalt zeugt. Trotz der intensiven Farben­vielfalt bleibt das Geschmacks­bild im rohen Zustand eher monoton. Die Geschmacks­nuancen sind obgleich der grossen farblichen Unter­schiede derart fein, dass ich mich sogar frage, ob sie lediglich eine Ein­bildung sind und die intensiven Frucht­farben, gebildet von Carotinoiden, mich in die Irre führen. Der Blind­test zeigt, dass die rote Peperoni effektiv leicht süsser schmeckt als die grüne. Die Erklärung ist einfach: Die grüne ist noch nicht reif und konnte während der kürzeren Reife­zeit weniger Zucker bilden als die rote Peperoni.

Die Peperoni ist sehr beliebt in der Küche des Balkans. Dies führt bei mir dazu, dass ich sofort mein geliebtes Musik­stück «Disko Partizani» von Shantel auflegen muss und nun, weiter im Takt, Peperoni-Tranchen schneide. Ich kann Ihnen sagen, das ist ganz schön schnell! Und noch während ich den Tisch ganz im balkanischen Musik-Rhythmus von den Über­resten der Peperoni befreie, ist das Gemüse bereits in der Pfanne gedämpft. Zwar ging während des Dampf­bades der hohe Vitamin-C-Gehalt etwas verloren, geschmacklich hingegen präsentiert sich mir aber ein ganz anderes Gemüse. Mir schweben nicht mehr klar-grüne Duft­moleküle entgegen, wie beim Auf­schneiden der Frucht­körper zuvor, sondern eine angenehm fruchtige Note. Die gegarte Variante macht mit seiner wunder­bare Süsse auf sich aufmerksam. Die Säure, die geschmacklich an die eines Apfels erinnert, im Wechselspiel mit der nun deutlichen Süsse, macht dieses Nachtschatten­gewächs sensorisch interessant.

Die Balkanküche verwendet die Peperoni, die ihren Namen ursprünglich vom Namen «Piper», sprich Pfeffer erhalten hat, unter anderem auch in Form eines Paprika-Mus. Ich verwende die Paprika in einer puristischen Form, lediglich mit etwas Salz und: Rose!

 

Rose

Gibt es etwas Kitschigeres und Betörenderes, als den Duft einer Rose?

Noch heute sehe ich vor meinem geistigen Auge den Schiessbuden-Wagen, der bei uns im Dorf während der Chilbi Halt gemacht hatte. Bei diesem hielt ich mich gerne auf, um meine Schiess­künste zu erproben. Den grossen Plüschbären liess mein Taschengeld nicht zu, doch reichte es für die rosafarbenen Rosen aus Plastik. Diese habe ich mir dann «erschossen» und stolz nach Hause getragen. Der Nach­teil war, dass diese immer­blühenden Plastik­rosen absolut nach eben­jenem Plastik rochen. Den uns allen bekannten betörenden Duft verströmt alleine die Duft­rose der Gattung Rosaceae. Diese Duft­moleküle, unter anderem das Geraniol, verduften jedoch ebenso schnell wie die Blüten­blätter ihre Frische verlieren, wenn sie als Schnitt­blumen in der Vase stehen.

So halte ich mir das Fläschchen Rosen­wasser aus dem türkischen Laden unter die Nase und atme den Duft dieser besonderen Blume ein. Rosen­wasser ist ein Neben­produkt, welches bei der Destillation des wert­vollen Rosenöls aus Rosen­blüten gewonnen wird. Fein dosiert findet es vorwiegend in der orientalischen, nord­afrikanischen, indischen und in der balkanischen Küche Anwendung.

Ich erlaube mir nun eine etwas gewagte Kombination dieser zwei Zutaten.

 

 

Sensorik

Tina Hausers Geschmackswahrnehmungen:

Peperoni rot

  • leicht sauer
  • süss
  • leicht adstringierend
  • leicht scharf

Rose

  • leicht süss
  • leicht adstringierend
  • leicht bitter

Die fünf wissenschaftlich gesicherten Geschmacksrichtungen sind süss, salzig, bitter, sauer, umami. Als weitere Geschmacksrichtungen können fettig und wässrig gelten. Diese sind jedoch noch nicht wissenschaftlich gesichert. Die Geschmacksrichtungen werden von den Papillen auf der Zunge wahrgenommen.

Die Empfindungen Schärfe, Hitze, Kälte, aktivieren den Trigeminus-Nerv und gelten nicht als Geschmacksrichtungen, sondern sind vielmehr Auslöser eines Schmerzreizes. Diese Reize sind wichtige Komponenten beim Gestalten von Speisen. Adstringenz reizt ebenfalls den Trigeminus-Nerv und bewirkt ein ziehendes Gefühl auf der Zunge.

Tina Hausers orthonasal und retronasale Wahrnehmung:

Peperoni rot

  • grüne Note
  • erdig
  • an Apfel erinnernd

Rose

  • stark floral, Rose
  • leichte Zitrusnote
  • leichte Pfirsichnote
  • leichte Honignote

Jeder Duft, der Ihnen in die Nase steigt, ist eine orthonasale Wahrnehmung, die von den Riechzellen «entschlüsselt» wird. Ebenfalls werden die Riechzellen durch die frei gesetzten Aromen aktiviert. Durch das Zerkauen der Speisen werden Duftstoffe frei gesetzt, die retronasal über den Rachenraum zu den Riechzellen aufsteigen.

Bühne frei für Myriam Mazzolini


 
Alle Fotos: Myriam Mazzolini

 

Ausprobieren

Gemüsekaviar – Ajvar mit Rose

Die rote Peperoni halbiere ich und entferne den Strunk sowie die im Frucht­körper enthaltene Saat. Die Gemüse­hälften schneide ich in Streifen und dämpfe diese mit ein wenig Wasser in einer Pfanne mit geschlossenem Deckel, bis sie gar sind. Die ausgekühlten Peperoni­streifen zerkleinere ich mit meinem japanischen Damaszener-Messer in kleinste Stücke, salze diese mit meinem bevorzugten Clifford-Bay-Salz und gebe einige Tropfen Rosen­wasser hinzu.

Diesen Gemüsekaviar serviere ich mit frisch in etwas Olivenöl gerösteten Crevetten.

Ganz einfach – anders kombiniert!

 

Viel Spass beim Ausprobieren!

Ihre Tina Hauser

 
 
 

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