Der spicy Krimi von Sandra Jauslin mit Insiderwissen der Gewürz-Sommelière Tina Hauser.
Die Gestalt vor dem Fenster fuchtelt nervös mit den Armen. Vermutlich will sie damit demonstrieren, dass Tina mit dem Schreien aufhören soll. Das Blut pulsiert durch Tinas Adern. Plötzlich entweicht nur noch ein elendes Krächzen ihrem Hals. Aha, die Stimmbänder, denkt sie. Es ist wie ein Zeichen. Schlagartig beginnt sie wieder alle Sinne einzusetzen und sammelt sich. Mit zusammengekniffenen Augen mustert sie die fuchtelnde Gestalt vor ihrem Fenster und schlägt sich mit der Hand auf die Stirn. «Hei, jetzt sind meine Nerven wirklich angeschlagen», murmelt sie vor sich hin. Eilig marschiert sie zur Eingangstür und öffnet sie schnell. Der Mann folgt ihr. Kaum hat sie die Türklinke nach unten gedrückt, stürmt die Gestalt hektisch in das Atelier.
«Amit, was treiben sie denn in der Nacht vor meinem Haus?», fragt Tina neugierig.
Ausser Atem und ganz nervös erwidert er: «Sie alle weg?»
«Wer ist weg?», Tina runzelt die Stirn.
«Polizei.»
«Schon lange!», meint sie bestimmt.
Amit ist erleichtert und wird langsam ruhiger.
«Tina Hauser», sie streckt ihm die Hand entgegen, „mein Name.»
Tina mustert ihn eingehend. Einerseits empfindet sie ihn sehr sympathisch und andrerseits erscheint er ihr derart geheimnisvoll und zerstreut. Sein schmächtiger Körper sieht geschwächt aus. So, als ob er demnächst zusammenbrechen würde. Eine Prise Mitleid steigt in ihr hoch.
Sie lässt ihren Blick durch die Entwicklungsküche schweifen und bleibt bei den kleinen, schrumpelig schwarzen Körnern hängen. Zack, ein Blitzgedanke: Pfeffer kann jetzt helfen, damit er wieder zu Kräften kommt.
«Ich koche ihnen etwas. Setzen sie sich.», sagt sie nahezu in einem Befehlston.
Amit schaut sie ganz überrascht an, folgt ihr und setzt sich an den mächtigen Holztisch.
Die Fruchkörner der Pflanzengattung Piper Nigrum verleihen der Mahlzeit nicht nur die richtige Schärfe, sondern verbessern auch die Nährstoffaufnahme aus der Nahrung.
Kochen ist Tinas Kernkompetenz. Das schnell zubereitete, warme Gericht mit frischem Pfeffer angereichert, wird von Amit wie von einem Raubtier verschlungen. Das zeigt, dass Tina mit ihrer Vermutung richtig lag.
«So, und jetzt erzählen sie mir, wer sie genau sind und was sie hier machen.», will Tina wissen.
Amits Augen kullern nervös. Sein Kopf dreht noch wilder auf seinem letzten Halswirbel im Kreis herum. Verlegen schaut er sie an und antwortet: «Ich Ayurvedischer Therapeut.»
Tina zuckt mit den Schultern: «Ja, aber warum laufen sie vor der Polizei davon?»
Amit antwortet ihr vertrauensvoll. Tina hört gespannt und aufmerksam zu. Je mehr er erzählt, desto mehr weiten sich ihre Augen. Ein Anflug von Hilflosigkeit kommt über sie. Es wird ihr kalt und warm zugleich und die Gedanken schiessen wild im Kopf umher.
«Mein Gott,» keucht sie entsetzt und wirft die Hände vor ihren Mund, «was machen wir jetzt?»
Amit hebt die Schultern und schaut sie mit Tränen verschleiertem Blick verängstigt an.
Wollen Sie wissen, wie’s weitergeht und dabei noch etwas über Kräuter und Gewürze lernen? Lesen Sie jeden zweiten Dienstag anders kombiniert – cooler Genuss!
Würziger Gruss, Sandra Jauslin
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